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Heinrich-Theissing-Institut Schwerin  >  Publikationen  >  Bücher  >  Kapelle - Schule - Missionspfarrei  >  Geleitwort

Geleitwort des Herausgebers

Inhaltsverzeichnis Abbildung

Die Geschichte der Katholiken im lutherischen Mecklenburg ist die Geschichte einer mehr oder weniger geduldeten Minderheit. Erst 160 Jahre nach der Reformation gründeten Jesuiten in Schwerin die erste Missionspfarrei. Die katholische Gemeinde, die hier entstand, feiert in diesem Jahr ihr 300jähriges Bestehen. Ihre Vorgeschichte begann in einer kleinen Hofgemeinde, in deren Kirchenbuch  die Namen großer Leute, wie Bischof Niels Stensen oder Herzog Christian Louis wiederzufinden sind.

Ãœber 70 Jahre führten Jesuitenpatres die Schweriner Missionspfarrei durch Kriegs- und Friedenszeiten. Auf dem Heuboden eines Pferdestalles errichteten sie die erste Kapelle, die trotz permanenter Baufälligkeit  Jahrzehnte überdauerte. Von Schwerin aus betreuten sie die verstreut lebenden Katholiken nicht nur in Mecklenburg, sondern auch im schwedischen Pommern und im preußischen Brandenburg.  Ziel ihrer Bestrebungen war die freie Ausübung katholischen Kultes im ganzen Land und der Bau eines eigenen Gotteshauses in Schwerin.

Das erste schien - je nach Herrscherlaune - manchmal möglich, manchmal ganz und gar unmöglich zu sein. Ein großer Gewinn war die Errichtung einer katholischen Schule und eines Proseminars in der Residenzstadt. Jährlich kamen begabte katholische Jungen aus ganz Nordeuropa hierher, um sich auf ein Studium im österreichischen Linz vorzubereiten.

 

Zermürbend war das ständige Ringen um Erlaubnis zum Kirchbau. Erst lange nach Auflösung des Jesuitenordens, als die ehemaligen Patres ihren Platz in der Kirche neu finden mussten und die Gemeinde in Zeiten der Aufklärung zu neuer Mündigkeit gelangte,  kam hier der Durchbruch. Mit dem Bau der Kirche St. Anna zu Schwerin setzte die katholische Gemeinde ein erstes unübersehbares Zeichen ihrer Präsenz im Lande.

 

Das hier skizzierte Wiederentstehen katholischen Gemeindelebens in Mecklenburg wird im vorliegenden Buch ausführlich beschrieben. In Text und Bildern führt es dem Leser und Betrachter die frühe Geschichte der Gemeinde St. Anna vor Augen. Dazu werden zum ersten Mal aufschlussreiche Dokumente aus dem Pfarrarchiv vorgestellt und analysiert. Im Kontext mit vielen historischen Schriftstücken aus weiteren Archiven ergibt sich oft ein anderes Bild der Gemeindegeschichte, als bisher dargestellt.

Manchmal sind es nur Jahreszahlen, die geändert werden müssen; manchmal auch Namen, wenn die handelnden Personen doch andere waren oder zu einem anderen Zeitpunkt in der Gemeinde wirkten, als bisher vermutet wurde. Die in diesem Buch korrigierten unzutreffenden Darstellungen fußten unter anderem auf zusammenfassenden Berichten aus früher Zeit. Als besonders fehlerbehaftet erwies sich die erste Zusammenfassung zur Gemeindegeschichte, die um 1770 von den Schweriner Jesuiten verfasst worden war. Eine Abschrift davon gelangte bald darauf nach Hildesheim, wo sie als Schweriner Missionsbericht aus dem Jahre 1775 für spätere Autoren zur Quelle von Irrtümern wurde.

Der Nachweis dazu konnte erst im Abgleich mit den Archivalien, die direkt vom Ablauf der Geschehnisse Zeugnis geben, geführt werden. Ein besonders interessantes  Dokument ist der Briefwechsel zwischen dem katholischen Herzog Christian I. Louis und seinem Hofkaplan Jakob Stephani. Ähnlich wie bei anderen, neueren Forschungen zur Person dieses umstrittenen mecklenburgischen Landesherrn ergeben sich hieraus Aspekte, die auch das Verhältnis des Herzogs zur katholischen Hofgemeinde in einem neuen Licht erscheinen lassen. Die gebundene Briefsammlung ist als Leihgabe des Landeshauptarchivs Schwerin in der Ausstellung, die dieser Band begleiten will, zu sehen. 

Kostbare, oft einmalige Bücher aus dem Bibliotheksbestand der Gemeinde illustrieren das Geschehen und vertiefen das Verständnis für  vergangene Zeiten. In gewisser Weise werden so  die Buchbeschreibungen der bisherigen vier Kataloge zur Historischen Bibliothek St. Anna vervollständigt. In der Ausstellung zum katholischen Neuanfang in Mecklenburg finden sich  auch wertvolle sakrale Gegenstände und einzigartige, historische Messgewänder aus der Schatzkammer der Schweriner Gemeinde Diese sind hier ebenfalls beschrieben und geschichtlich eingeordnet. 

Für interessierte Leser werden in einem nachfolgenden Ergänzungsband erstmalig die Ãœbersetzungen der Jahresberichte aus der Schweriner Missionspfarrei wiedergegeben. 

Das vorliegende Werk vermittelt ein fundiertes Wissen und ein in vieler Hinsicht neues Bild zur frühen Geschichte der Gemeinde St. Anna zu Schwerin, von der aus sich katholisches Glaubensleben in späterer Zeit über das ganze Land verbreiten sollte.